NYTM Split Cover

Photographs for The New York Times Magazine
12.10.2008

If your Sundays, like ours, involve acquiring an armful of newsprint in the form of The New York Times, be extra vigilant as you choose your copy today. Book Review? Check. Week in Review? Check. Magazine? Not so fast. This week's New York Times Magazine is The Food Issue, and the editors had such an appetite for the exploding produce photos of Martin Klimas that they couldn't choose just one for the cover. So they chose three, randomly trisecting the magazine's press run to include a trio of covers that feature an exploding ear of corn, an apple, or a pumpkin (we got the corn but would have preferred the pumpkin). As for how the German photographer achieves the explosive effects, it involves firing a "projectile" into the unsuspecting fruit or vegetable rather than fancy Photoshopping, notes the magazine, adding that Klimas "is somewhat guarded about his technique." It all gives new meaning to the term photo shoot.

 

Festival Poster

March - Juin 2009
Festival de las Artes Castilla y León

 

Moose Magazin

April 2008

 

Photonews

February 2008

 

Special Report

grafik
May 2008

 

Exhibition Catalogue

Solo Show COSAR HMT 
January 2008
ISBN: 978-3-89355-964-0

Wenn Stilleben wie Träume zerplatzen

Der Floristenstrauß erfreut sich noch immer großer Beliebtheit als Mitbringsel zur Einladung bei Freunden oder Verwandten. Schnell wird aus der zur Verfügung stehenden Auswahl an farbigen oder transparenten, bauchigen oder eckigen Vasen eine passende herausgesucht. Plötzlich explodiert die Vase. Ist es ein kalkulierter Schock oder eine schlichte Provokation, wenn Martin Klimas unsere bürgerlichen Konventionen in die Brüche gehen läßt?  Sein Hauptbildgegenstand sind in einer Vase arrangierten Schnittblumen, Tulpen oder Nelken, Orchideen oder Amaryllis; diese sind in der zentralen Bildachse vor einem neutralen, meist monochromen Hintergrund exponiert, kein weiteres Detail stört die Aufmerksamkeit des Betrachters. Das erinnert uns an die klassische Studio- und Produktphotographie, mit der sich Klimas bestens auskennt. Anschließend schießt der Düsseldorfer Photograph mit einem selbst entwickelten Hochdruckschussgeräts auf die Vase, die so in Tausend Stücke gesprengt wird. Klimas macht nur eine Aufnahme, die durch das Geräusch des Aufpralls des Projektils ausgelöst wird. Im nächsten Sekundenbruchteil werden die Blumen – ohne den Halt der Vase – zur Seite kippen oder ins Bodenlose stürzen; aber diesen Anblick erspart uns der Photograph.

Es ist eine einfache Versuchsanordnung, die auf den ersten Blick besser in ein Physiklabor passt als in ein Photostudio. Doch nur mit Hilfe einer extrem schnellen Belichtung können wir die Dinge so wahrnehmen, wie es mit dem menschlichen Auge allein nicht möglich ist. Selbst wenn wir den gesamten Ablauf der Destruktion mit eigenen Augen gesehen hätten, könnten wir die Szene anschließend nicht so separieren, dass wir uns an sie erinnern würden. Das visuelle Erleben ist hier in der Photographie als einzelner Moment, als Zwischenzustand eingefroren, in dem Stillstand und Explosion spannungsvoll nebeneinander existieren. Die dualistische Trennung erfolgt horizontal, meist im unteren Bilddrittel: oben Idylle, unten Katastrophe. Gelegentlich wird durch die teils exotische Blütenform die Art der Zerstörung der Vase sonderbar paraphrasiert. Die Glasvasen zerspringen in unzählige Kleinstteile, während sich bei den Keramik- oder Steingutvasen nur einige größere Scherben lösen und das Gefäß unmittelbar nach dem zerstörerischen Projektilaufprall nach unten abzusacken scheint. Gleichzeitig nimmt der Photograph mit dieser Bildserie unter dem Titel „Temporary Sculptures“ nur etwas vorweg, was allen irdischen Dingen grundsätzlich droht und irgendwann auch widerfährt: sie werden zerstört oder zerfallen. Klimas lässt die Vasen explodieren – und zwar nur für ein einziges Bild; es ist eine auf den ersten Blick absurde Idee, etwas Intaktes in seine Einzelteile zu zerlegen und den entscheidenden Moment zu dokumentieren. Durch die Komprimierung der Explosion im bildhaften Sekundenbruchteil entsteht – neben der subtilen Hinterfragung des schönen Scheins – etwas Neues, was auch der Intention des Photographen entspricht: Er befreit die Dinge von ihrer Funktionalität und dokumentiert exakt den Wendepunkt. So entsteht eine geradezu einmalige Verbindung von Schönheit und Vergänglichkeit, von Statik und Bewegung, von Sukzessivem und Simultanem – und das innerhalb eines Bildes. Gleichwohl, die aggressive Geste des bewussten Zerstörens verstört. Doch Klimas gelingt es, diesen Vorgang so zu ästhetisieren und umzuwerten, dass die traditionellen, kunsthistorischen Vorstellungen von Stilleben oder Vanitas tatsächlich erweitert, um nicht zu sagen: gesprengt werden. Er lässt so nicht nur Vasen, sondern auch feststehende Topoi wie Träume zerplatzen. Klimas nutzt die Entmaterialisierung als Voraussetzung für die Metamorphose der Form. Man könnte ihn einen Bildhauer mit der Kamera nennen, der mit Hilfe einer 5000stel Sekunde aus einer Bestehenden eine neue Form erschafft. 

Es ist durchaus ungewöhnlich, dass heute ein 1971 geborener Photograph mit analoger Bildtechnik, ohne computergestützte Nachbearbeitung ein so komplexes Bildthema bearbeitet. Das gilt auch für Klimas` frühere, freie Projekte, als er kleinformatige, figurative Keramikskulpturen schlicht zu Boden fallen ließ. So zerfielen rosa gekleidete Damen oder asiatische Kung-Fu-Kämpfer in ihre Bestandteile, allein damit Klimas den Moment des Aufpralls visualisieren konnte. Die Handkantenkämpfer schienen sich kurioserweise selbst in Stücke zu schlagen. Bei den Skulpturen ist – mehr noch als bei den zerschossenen Vasen – die Auflösung der Form, der Einblick in die Materialbeschaffenheit jenseits der Kontur evident. Klimas beschreibt das Wesen der Form spielerisch wie komplex als Flüchtigkeit der Form. Die Systematik seiner originellen wie einzigartigen Aufnahmeserien multipliziert die zugrundeliegende Bildidee. Klimas dekliniert die Blumen-Vasen-Farb-Kombinationen im stets gleichen frontalen Blickwinkel mit neutraler Ausleuchtung ohne Schattenwurf intelligent durch. In einigen Bildern existiert überdies eine dritte Ebene, zumeist im Bildzentrum, die zwischen den Gegensätzen subtil vermittelt und den jeweils anderen Bereich visuell vorbereitet, etwa wenn feine Risse im Glas oder der Keramik der Vase deren bevorstehende Funktionsauslöschung bereits ankündigen. Doch das Besondere ist: Dies geschieht nicht nacheinander sondern gleichzeitig. Und die Zartheit dieser Risslinien radikalisiert die Brutalität der zerstörerischen Geste.

Eine Aufnahme unmittelbar vor dem gezielten Schuss, also das bloße Blumenstilleben, wäre photographisch ebenso wenig interessant wie die Situation nach der kompletten Zerstörung, wenn Blumen und Vasenscherben bereits am Boden liegen. Und innerhalb einer Sequenz des gesamten Ablaufes, also inklusive aller ästhetischen Zwischenzustände, würden wir uns in der Betrachtung sicherlich auch für die von Klimas favorisierten Aufnahmen entscheiden. Der Photograph selbst wählt allerdings nicht aus unterschiedlichen Varianten der annähernd gleichen Situation, sondern akzeptiert die einzig entstandene Aufnahme als Bild nur dann, wenn die Spannung zwischen Statik und Bewegung für ihn stimmt. Auch der Zufall ist bei der Bildentstehung mitunter behilflich. Die simple photographische Strategie mit der überraschenden Wirkung ist geschult an dem amerikanischen Experimentalphotographen Harald Edgerton, der mit Stroboskopblitzen und extrem schnellen Kameraverschluss bereits in den 1930er Jahren rasanteste Bewegungen auf dem photographischen Negativ einfror, etwa eine Pistolenkugel im Flug. Klimas nennt überdies auch Eadweard Muybridge als vorbildhaft. Durch die von ihm entworfenen physikalisch-photographischen Versuchsanordnungen konnte Muybrigde in den 1870er Jahren beweisen, dass Pferde während des Galopps alle vier Hufe in der Luft haben, eine damals in Künstlerkreisen heftig diskutierte Frage. Auch in jener Zeit ließ sich dies mit dem bloßen Auge weder verifizieren noch falsifizieren; so bediente man sich eines technischen Hilfsmittels, der Photographie. Muybridges in den 1880er Jahren veröffentlichte Photoreihen unter dem Titel „Animal Locomotion“ veränderten die Vorstellung und Wahrnehmung tierischer und menschlicher Bewegungsabläufe nachhaltig. Auch Naoya Hatakeyama soll – aufgrund formaler wie inhaltlicher Parallelen – hier nicht unerwähnt bleiben. Dieser wagt sich seit einigen Jahren in seiner japanischen Heimat mit einer ferngesteuerten Kamera sehr nah an Explosionen in Steinbrüchen heran und hält fest, wie Gesteinsbrocken auf die Kamera und somit vermeintlich auch auf den Betrachter zufliegen. In diesen explodierenden Landschaften scheint durch die gewählte photographische Technik die dargestellte Zeit ebenso zum Stillstand zu kommen wie in Klimas` radikalen wie essentiellen Stilleben. 

Matthias Harder

 

The Art of Deconcentration

Lodown
October 2007

 

photography now

April 2007 

 

Portfolio

Ryuko Tsushin Magazine, Japan
April 2006

 

previous page